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Deutschabitur » Weiterführende Schreibaufträge beim Interpretieren literarischer Texte

Weiterführende Schreibaufträge beim Interpretieren literarischer Texte

Weiterführende Schreibaufträge sind in der bayerischen Abiturprüfung und den Leistungserhebungen in der gymnasialen Oberstufe seit langem etabliert. Die bislang als b-Aufgaben bekannten, in Zukunft entweder als Teilaufgabe 2 deklarierten oder in einteiligen Aufgaben als zusätzlicher Aspekt integrierten Schreibaufträge sind dabei nicht als separate Aufgaben zu verstehen, sondern dienen stets dazu, den zuvor interpretierten Text weiter zu erhellen und damit zu einer Vertiefung der Ergebnisse, auch im Hinblick auf das erhöhte Anforderungsniveau im Fach Deutsch, zu gelangen.

Was bleibt?

  • Interpretieren von literarischen Texten oder Textauszügen, die nicht aus dem Unterricht bekannt sind, nach bewährten Kriterien und Herangehensweisen, wobei das Interpretieren – entweder als Teilaufgabe 1 oder als Hauptauftrag in einteiligen Aufgaben – weiterhin den Schwerpunkt der Gesamtaufgabe bildet
  • Vergleichen von literarischen Texten (in Teilaufgabe 2 oder als zusätzlicher Aspekt in einteiligen Aufgaben) auch über Gattungsgrenzen hinaus (z. B. Motivvergleich)
  • Reflektieren von poetologischen Fragestellungen (in Teilaufgabe 2 oder als zusätzlicher Aspekt in einteiligen Aufgaben) in der Regel auf Basis einer umgrenzten Materialgrundlage (z. B. ein knapper Text oder eine Aussage der Autorin bzw. des Autors)
  • Zusammenhang der zwei Teilaufgaben oder der Aspekte in einteiligen Aufgaben, wobei der weiterführende Schreibauftrag eine Vertiefung der geleisteten Interpretation darstellt
  • anwendungsbezogenes Vertiefen statt Referieren von Wissen im Sinne des von den Bildungsstandards beschriebenen Anforderungsbereichs III sowie der Kompetenzorientierung des LehrplanPLUS
  • Verankerung möglicher Aufgabenstellungen für weiterführende Schreibaufträge im Lehrplan: z. B. Einbezug historischer, politischer, ideengeschichtlicher und weltanschaulicher Hintergründe sowie gattungsspezifischer Merkmale; Bezug zwischen literarischen Werken und Epochen; Verständnis der jeweiligen poetologischen Grundlagen; Reflexion der Mehrdeutigkeit literarischer Texte durch das Heranziehen von Kontextwissen; Problematisierung von  Epocheneinteilungen sowie der Kanonisierung von Literatur; Bewertung der ästhetischen Qualität von Texten; Berücksichtigung von Produktions- und Rezeptionsbedingungen
  • Thematisierung entsprechender Fragestellungen in den zugelassenen Lehrwerken zur Vorbereitung auf die Abiturprüfung, z. B. durch Texte, die im Hinblick auf ein Motiv oder einen Aspekt verglichen werden sollen, oder bzgl. poetologischer Aufgabenstellungen durch Abbilden repräsentativer Texte (z. B. (auto)biografische Texte, paradigmatische Epochentexte, Ausschnitte aus ästhetischen Schriften oder Poetik-Vorlesungen von Autorinnen und Autoren bzw. aus relevanten literaturwissenschaftlichen bzw. -geschichtlichen Publikationen)

Was ist neu?

  • Im Rahmen des Konvergenzprozesses sowie im Kontext des Lehrplans für das neunjährige Gymnasium wird das Spektrum an weiterführenden Schreibaufträgen weiterhin sukzessive erweitert, etwa im Hinblick auf ländergemeinsame Themenfelder (ab der Abiturprüfung 2024) oder ländergemeinsame Lektüren (seit der Abiturprüfung 2026), womit auch unterschiedlichen Lese- bzw. Interpretationsinteressen sowie einer verlässlichen Vorbereitung seitens der Schülerinnen und Schüler Rechnung getragen wird – nicht nur in der schriftlichen Abiturprüfung, sondern auch in der Kolloquiumsprüfung.
  • Eine größere Vielfalt an möglichen weiterführenden Schreibaufträgen wird dadurch ermöglicht, dass im Kontext der ländergemeinsamen Themenfelder und Lektüren durch die vor Beginn der Profil- und Leistungsstufe vereinbarten und konkretisierten Schwerpunktsetzungen auch vertiefte Kenntnisse zu diesen jeweiligen Themenbereichen bzw. Referenztexten vorausgesetzt werden können, was eine größere Bandbreite an Aufgabenstellungen ermöglichen kann.
  • Zudem wird den Prüflingen im Falle eines Motivvergleichs (in Teilaufgabe 2 oder als zusätzlicher Aspekt in einteiligen Aufgaben) bei vielen Aufgabenstellungen der Vergleichstext vorliegen, z. B. zukünftig auch im Kontext der ländergemeinsamen Lektüren, was aus der Perspektive der Schülerinnen und Schüler zur Verlässlichkeit und Machbarkeit der schriftlichen Abiturprüfung im Fach Deutsch beitragen und als Unterstützung bei der Bearbeitung der Aufgaben verstanden werden kann.

Damit ergeben sich z. B. folgende Möglichkeiten für weiterführende Schreibaufträge:

  • Motivvergleich mit einem vorliegenden zweiten Text (gleicher oder unterschiedlicher Gattung), der nicht aus dem Unterricht bekannt ist
  • Motivvergleich mit einem selbst gewählten, nicht vorliegenden Text (z. B. einer der in der Profil- und Leistungsstufe gelesenen Ganzschriften)
  • poetologische Aufgabe, in der Regel mit Materialgrundlage (Zitat, Aussage etc.)
  • Motivvergleich mit einer der ländergemeinsamen Lektüren (dem Prüfling vorliegend) oder Bezugnahme auf eine der ländergemeinsamen Lektüren (dem Prüfling vorliegend)
  • Aufgabe mit Bezugnahme auf eines der ländergemeinsamen Themenfelder

 

Für die Vorbereitung auf die Abiturprüfung ist es empfehlenswert, bereits während des Unterrichts in den Jahrgangsstufen 12 und 13 an geeigneter Stelle und in Verknüpfung mit den anderen Lehrplaninhalten entsprechende Aspekte, d. h. Motivvergleiche, poetologische Fragestellungen, Bezüge zu den ländergemeinsamen Lektüren sowie Verknüpfungen mit den Themenfeldern, zu thematisieren, um die Schülerinnen und Schüler mit möglichen Aufgabenstellungen zielgerichtet vertraut zu machen und sie darin zu unterstützen, flexibel auf die jeweilige Anforderung reagieren und geeignete Zieltexte verfassen zu können.

 

Entsprechende Aufgaben sollten auch in den Leistungserhebungen der Profil- und Leistungsstufe angeboten werden, idealerweise mehr als einmal, um unterschiedliche weiterführende Schreibaufträge sowohl in verschiedenen Formaten (Interpretieren von lyrischen, dramatischen und epischen Texten) und ein- bzw. zweiteiligen Aufgaben abzubilden als auch das breite Spektrum an möglichen Aspekten exemplarisch zu berücksichtigen. Geübt werden sollten dabei auch Möglichkeiten der Verknüpfung der zwei Teilaufgaben, um die Schülerinnen und Schüler in die Lage zu versetzen, einen kohärenten Zieltext zu verfassen.