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Argumentierender Beitrag

Als eine der drei Grundformen des Schreibens stellt das Argumentieren eine zentrale Kompetenz der Schülerinnen und Schüler dar. In den Schreibprogrammen der Schulen ist es in unterschiedlicher Akzentuierung spätestens ab der Jahrgangsstufe 7 verankert und wird – im Zuge der Progression – zunehmend mit den Schreibformen des gestaltenden Schreibens und Informierens kombiniert. Insofern sind die Schülerinnen und Schüler bis zum Erreichen der Profil- und Leistungsstufe nicht nur mit dem Argumentieren in seinen unterschiedlichen Ausprägungen vertraut, sondern können es auch situationsbezogen anwenden.

In der schriftlichen Abiturprüfung ist das Argumentieren in allen Formaten von Bedeutung: Sowohl beim Interpretieren literarischer Texte als auch beim Informieren kommt es darauf an, seine Gedanken überzeugend zu entwickeln. Dies kann nur gelingen, wenn man Standpunkte bzw. Beobachtungen angemessen begründet und belegt. Als eigenständiges Format wird das Argumentieren entweder als Erörterung pragmatischer Texte (EP) oder als Materialgestütztes Argumentieren (MA) realisiert.

Was bleibt?

Die Aufgabenart Erörterung pragmatischer Texte (EP) als epistemisch-heuristische Variante des Formats bleibt von Änderungen unberührt und kann weiterhin wie folgt beschrieben werden:

  • Analyse eines pragmatischen Textes hinsichtlich seiner Argumentationsstruktur, seiner wesentlichen Argumente und der Intention(en) des Textes bzw. der Position der Autorin bzw. des Autors (= erste Teilaufgabe, in der Regel ca. 30-40%)
  • diskursive Auseinandersetzung mit der zentralen Problematik unter Berücksichtigung von Argumenten und Gegenargumenten, die sowohl diejenigen des analysierten Textes reflektieren als auch darüber hinausgehen; Formulieren einer begründeten, eigenständigen Position (= zweite Teilaufgabe, in der Regel ca. 60-70%)

Hinsichtlich der Aufgabenart Materialgestütztes Argumentieren (MA) lassen sich folgende Konstanten benennen:

  • thematische Ausrichtung an der Domänenspezifik
  • unterschiedliche Ausprägungen des Argumentierens, die vom antithetischen bzw. aspektorientierten Erörtern bis hin zur Einbeziehung von Stilelementen freierer Formen, wie etwa dem kommentierenden Schreiben, reichen können; Ziel ist eine reflektierte und schlüssige Argumentation
  • klare Strukturierung der argumentativen Texte durch die Schülerinnen und Schüler, wobei sie insbesondere folgende Elemente berücksichtigen: 
    • einen themen- bzw. anlassbezogenen, die Leserschaft gewinnenden Einstieg sowie durchgängige Orientierung an der vorgegebenen Situation bzw. dem Adressatenkreis
    • einen Problemaufriss, der sowohl die thematische Kontroverse aufzeigt als auch notwendige Begriffe klärt
    • eine begründete Darstellung ihrer Position durch Bezugnahme auf die vorgegebenen Materialien sowie auf eigene Kenntnisse und Erfahrungen; Stützen ihrer Behauptungen anhand geeigneter Beispiele, Belege bzw. Zitate (diese erfolgen ohne Zeilenangabe, nur unter Nennung von Autorin bzw. Autor und ggf. des Titels bzw. Kontexts)
    • eine eindeutige Positionierung in einem Fazit unter Abwägung der zuvor erörterten Aspekte
  • Anordnung und Ausführung der einzelnen Argumente können hinsichtlich ihrer Anzahl und Länge variieren, die Strukturierung und Gewichtung nach aspektgeleiteten Kriterien erfolgen sowie Beispiele durch Analogien ersetzt werden

Was ist neu?

Zieltext „Argumentierender Beitrag“ (Aufgabenart materialgestütztes Argumentieren, MA)

Die Aufgabenart Materialgestütztes Argumentieren (MA) wird neu akzentuiert. Ausgehend von realistischen Schreibanlässen wird eine größere Bandbreite an Strukturierungs- und Ausgestaltungsmöglichkeiten gegeben. Sie wird unter dem Begriff argumentierender Beitrag subsumiert, wobei die bisherige Unterscheidung zwischen zwei Varianten, dem Erörtern und den journalistischen Formen, in der Aufgabenstellung entfällt.

Von zentraler Bedeutung beim Verfassen des argumentierenden Beitrags ist zum einen die Berücksichtigung der jeweils vorgegebenen Situierung bzw. des Adressatenbezugs. Die Schülerinnen und Schüler sollen sich bewusstmachen, welche Zielgruppe sie ansprechen und in welchem situativen Rahmen dies geschieht. Davon ausgehend können sich entsprechende Unterschiede bei der inhaltlichen und sprachlichen Ausgestaltung ergeben.

Zum anderen wird die argumentative Ausgestaltung durch die Aufgabenstellung und das damit verbundene individuelle Schreibziel der Schülerinnen und Schüler bestimmt. Je nachdem, welcher Ansatz bzw. welche Fokussierung verfolgt wird, kann der argumentierende Beitrag etwa eine aufklärerische, eine kritische oder auch eine appellative Ausrichtung enthalten. Selbstverständlich sind auch Mischformen innerhalb eines Zieltextes zulässig, sofern sie kohärent und in sich stimmig dargeboten und zielführend eingesetzt werden. Darüber hinaus enthalten die Zieltexte sowohl argumentative als auch informierende und erklärende Elemente und können sachlich bis essayistisch bzw. heuristisch bis persuasiv gestaltet sein. Eine unmotivierte, nicht auf das Schreibziel ausgerichtete Vermengung der Stilebenen im jeweiligen Zieltext ist jedoch zu vermeiden.

Grundsätzlich muss gewährleistet sein, dass die jeweils gewählte inhaltliche bzw. sprachlich-stilistische Darbietung nicht zum Selbstzweck wird, sondern dass die Sachverhalte und Positionen für die jeweiligen Adressatinnen bzw. Adressaten nachvollziehbar sind. Somit stellt diese Öffnung der Aufgabenart keine Begünstigung von Beliebigkeit dar, sondern bietet den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit einer flexibleren Bearbeitung der Aufgabenstellung, insbesondere hinsichtlich struktureller Gestaltung, sprachlich-stilistischer Ausprägung und Schreibintention.

Die Aufgabenarten Erörterung pragmatischer Texte (EP) und Materialgestütztes Argumentieren (MA) können sich inhaltlich an den gültigen Themenfeldern orientieren. Auch die ländergemeinsamen Lektüren können beim Argumentieren zum Tragen kommen, wobei ein Integrieren dieser etwa auf der Beispielebene denkbar ist. Eine literarische Erörterung wird nicht verlangt.

Vgl. z. B. die Aufgabe mit Bezugsrahmen für Materialgestütztes Argumentieren.

Aspektorientiertes Argumentieren

Neben dem antithetischen Argumentieren kommt beim argumentierenden Beitrag dem aspektorientierten Argumentieren eine große Bedeutung zu. Dieses stellt zwar keine Neuerung im eigentlichen Sinne dar, bietet den Schülerinnen und Schülern aber gerade angesichts des neuen Zieltextes die Möglichkeit, ihre Texte variabler zu strukturieren. Da beim aspektorientierten Argumentieren – anders als beim „Sanduhr“- oder „Reißverschluss“- bzw. „Ping Pong“-Prinzip – die Strukturierung nach Aspekten und nicht allein nach den konträren Positionen erfolgt, können Argumente und Gegenargumente inhaltlich direkt aufeinander bezogen werden. Dies kommt nicht nur der Kohärenz des Textes zugute, sondern trägt auch dazu bei, Wiederholungen und isolierte Argumente zu vermeiden. Insofern gewinnt der Text an Flüssigkeit, Stichhaltigkeit und Überzeugungskraft.

Grundsätzlich gilt, dass die Texte der Schülerinnen und Schüler einer stringenten und gedanklich klaren, aufgaben- und textsortenbezogenen Strukturierung folgen sollen, wobei eine erkennbare und schlüssig gegliederte Anlage der Arbeit sowie eine kohärente und eigenständige Gedanken- und Leserführung fundamental sind.

In der folgenden Gegenüberstellung wird anhand der Abituraufgabe von 2018 zum materialgestützten Argumentieren (MA) illustriert, wie sich ein Thema antithetisch oder aspektorientiert strukturieren lässt. Die Aufgabenstellung lautet: „Erörtern Sie Möglichkeiten und Grenzen der Satire! Beziehen Sie sich dabei auf Formen der Satire in Wort und Bild!“

 

antithetisch

Argumente, die die Möglichkeiten der Satire in den Vordergrund stellen: Argumente, die die Grenzen der Satire in den Vordergrund stellen:
• Möglichkeit zur freien Äußerung von Kritik an z. B. Prominenten oder Institutionen aufgrund der Erschaffung eines medialen Schutzraums des Unernsten; 1
• Lenkung der öffentlichen Aufmerksamkeit auf sowohl temporäre als auch grundsätzliche Missstände in Gesellschaft, Politik und Kultur; Aufbrechen starrer bzw. obsoleter Strukturen durch bewusste Fokussierung mit dem Ziel ihrer Infragestellung; 2
• Veralberung, Übertreibung, Anprangerung sowie aggressive Unterminierung als effektive Mittel einer tendenziell idealistischen Grundausrichtung; 3
• Bewirken eines kathartischen Effekts als Folge der Schonungslosigkeit in der Darstellung; 4
• Unterhaltungsfunktion aufgrund des humoristischen Grundtenors; 5
• geringe Bedeutung und Durchschlagskraft der Satire im gesellschaftlichen Kontext trotz der z. T. angestrebten didaktischen Intention; A
• Gratwanderung zwischen Niveau und qualitativer Minderwertigkeit: Gefahr der Plattheit, des Epigonentums, der Tendenziösität bzw. einer unreflektierten Polemik sowie der Belanglosigkeit; B
• Schnelllebigkeit bei der Thematisierung von tagesaktuellem Geschehen; Voraussetzung von Hintergrund- bzw. Weltwissen beim Publikum; C
• Gefahr des rechtlichen Verstoßes gegen das Grundgesetz und/oder den Pressekodex bei einer Verletzung der Menschenwürde und/oder religiöser Gefühle bzw. bei der Diskreditierung einer bestimmten Person auf der Grundlage bloßen Sensationsinteresses; D
• moralische Problematik der absichtlichen Schmähung bzw. sarkastischen Exponierung von namentlich genannten Einzelpersonen; E

 

aspektorientiert

Möglichkeiten und Grenzen der Wirkungsweisen der Satire:
• Lenkung der öffentlichen Aufmerksamkeit auf sowohl temporäre als auch grundsätzliche Missstände in Gesellschaft, Politik und Kultur; Aufbrechen starrer bzw. obsoleter Strukturen durch bewusste Fokussierung mit dem Ziel ihrer Infragestellung; 2
• Bewirken eines kathartischen Effekts als Folge der Schonungslosigkeit in der Darstellung;   
• Schnelllebigkeit bei der Thematisierung von tagesaktuellem Geschehen; Voraussetzung von Hintergrund- bzw. Weltwissen beim Publikum; C
• geringe Bedeutung und Durchschlagskraft der Satire im gesellschaftlichen Kontext trotz der z. T. angestrebten didaktischen Intention; A
Möglichkeiten und Grenzen der Gestaltung der Satire:
• Veralberung, Übertreibung, Anprangerung sowie aggressive Unterminierung als effektive Mittel einer tendenziell idealistischen Grundausrichtung; 3
• Unterhaltungsfunktion aufgrund des humoristischen Grundtenors; 5
• Gratwanderung zwischen Niveau und qualitativer Minderwertigkeit: Gefahr der Plattheit, des Epigonentums, der Tendenziösität bzw. einer unreflektierten Polemik sowie der Belanglosigkeit; B
Möglichkeiten und Grenzen der Satire im rechtlichen bzw. moralischen Kontext:
• Möglichkeit zur freien Äußerung von Kritik an z. B. Prominenten oder Institutionen aufgrund der Erschaffung eines medialen Schutzraums des Unernsten; 1 • Gefahr des rechtlichen Verstoßes gegen das Grundgesetz und/oder den Pressekodex bei einer Verletzung der Menschenwürde und/oder religiöser Gefühle bzw. bei der Diskreditierung einer bestimmten Person auf der Grundlage bloßen Sensationsinteresses; D
• moralische Problematik der absichtlichen Schmähung bzw. sarkastischen Exponierung von namentlich genannten Einzelpersonen; E

 

Diese Strukturierungsmöglichkeiten gelten auch für die Aufgabenart Erörtern pragmatischer Texte (EP), was im Folgenden anhand der Abituraufgabe von 2015 illustriert wird. Die Aufgabenstellung lautet: „Erörtern Sie die Position des Autors Jan Wiele zum Videoportal Youtube! Beziehen Sie dabei eigene Medienerfahrungen ein!“

 

antithetisch

Argumente, die die positiven Aspekte von Youtube hervorheben und die Position des Autors in Frage stellen, können sein:    Argumente, die die negativen Aspekte von Youtube hervorheben und die Position des Autors unterstützen, können sein:
• Ermöglichen einer ungesteuerten Teilhabe am Weltgeschehen; 1
• freier Zugriff auf Welt- oder Spezialwissen; 2
• Wirksamkeit von Youtube als Instrument der Auseinandersetzung mit politischen und gesellschaftlichen Missständen; 3
• Möglichkeit zur freien Selbstdarstellung; Förderung freier Ausdrucksmöglichkeiten von Künstlern; 4
• Chancen zur Erlangung von Popularität und wirtschaftlichem Erfolg; 5
• Plattform zum zwanglosen und bequemen Austausch von Gesehenem; 6
• unkontrollierbare Effekte durch weltweite, schnelle Verbreitung der Beiträge; A
• ungehinderte Konfrontation mit Geschmacklosigkeit und Grausamkeit; B
• Begünstigung von Rechtsverletzungen und kriminellen Handlungen; wachsendes Problem des Cybermobbings unter Jugendlichen; C
• mangelnder Persönlichkeitsschutz; Gefahr der zunehmenden Diffamierung oder Gewaltverherrlichung durch Anonymität; D
• Gefahr der Verwechslung von Fiktion und Realität; E

 

aspektorientiert

Youtube als Kommunikations- und Interaktionsplattform:
• Plattform zum zwanglosen und bequemen Austausch von Gesehenem; 6
 
• ungehinderte Konfrontation mit Geschmacklosigkeit und Grausamkeit; B
• Begünstigung von Rechtsverletzungen und kriminellen Handlungen; wachsendes Problem des Cybermobbings unter Jugendlichen; C
• mangelnder Persönlichkeitsschutz; Gefahr der zunehmenden Diffamierung oder Gewaltverherrlichung durch Anonymität; D
Youtube als Instrument der Bildung und Selbstverwirklichung:
• freier Zugriff auf Welt- oder Spezialwissen; 2
• Möglichkeit zur freien Selbstdarstellung; Förderung freier Ausdrucksmöglichkeiten von Künstlern; 4
• Chancen zur Erlangung von Popularität und wirtschaftlichem Erfolg; 5
• Gefahr der Verwechslung von Fiktion und Realität; E
Youtube als Möglichkeit der aktiven Teilhabe an gesellschaftlich-politischen Prozessen:
• Ermöglichen einer ungesteuerten Teilhabe am Weltgeschehen; 1
• Wirksamkeit von Youtube als Instrument der Auseinandersetzung mit politischen und gesellschaftlichen Missständen; 3   
• unkontrollierbare Effekte durch weltweite, schnelle Verbreitung der Beiträge; A